Mäuseplage

Bezeichnung Wert
Titel
Mäuseplage
Medienart
Person
Verlag
Jahr
ISBN13
978-3-7026-5794-9
Schlagwort
Annotation
Frauen sagt man oft nach, dass sie aus Panik vor ihnen auf Tisch und Stühle springen, Erwachsene finden sie meist furchtbar, unhygienisch und äußerst lästig, mit einem Wort: Vernichtenswert. Kinder sehen das ganz anders. Für sie sind die kleinen Wesen "süß", zum Knuddeln und Liebhaben, freundlich und harmlos, mit einem Wort: Erstrebenswert. Die Rede ist von Mäusen, den kleinen pelzigen Nagetieren. Und im Spannungsfeld der beiden geschilderten Sichtweisen spielt das Bilderbuch von Helga Bansch. Die Dame, die hier in einen ihrer Meinung nach viel zu engen Kontakt zu den tierischen Untermietern kommt, heißt Frau Sommer. Und wenn man den Bildern Glauben schenkt, ist der Kontakt auch so eng wie zahlreich. Nicht eine einzelne Maus oder eine Familie davon macht sich im Haus der Frau Sommer breit, nein, es sind gleich richtige Hundertschaften, die keinen Raum, kein Möbel- oder Bodenstück und keinen Teil der Einkäufe und Vorräte auslassen und sich überall ebenso häuslich wie besitzergreifend niederlassen. Das lässt sich eine Frau Sommer natürlich nicht so einfach bieten und so probiert sie der Reihe nach alle möglichen angeblich erprobten Mittel gegen die Mäuseplage aus: Ritzenverstopfen und Extraverpackung, Fallen und Gift, sogar per Bewegungsmelder jagt sie sie. Doch die Mäuse sind cleverer, als sich ein Menschenhirn das ausmalt, und sie entgehen jeder Nachstellung und finden immer aufs Neue ihr Ziel. Nicht mal die neu angeschaffte Katze hat eine Chance, sie ist noch jung und hat mehr Angst vor den Mäusen als diese vor ihr. Letztlich sieht Frau Sommer ihr Heil nur noch in der Flucht. Doch so sauber und mäusefrei die neue Stadtwohnung auf der Etage ist - es ist plötzlich sehr einsam um Frau Sommer. Und so beißt sie in den vergleichsweise gar nicht mehr so sauer erscheinenden Apfel und findet einen Weg, der alle Seiten zufriedenstellt. Mit dem angebissenen Apfel lässt Bansch auch die Vorsatzblätter ihres Buches beginnen. Wir kennen ja aus vielen ihrer früheren Werke die beinahe ausufernd kreative optische Umsetzung von Texten, oft und gerne auch zu solchen von Heinz Janisch. Auch hier übertrifft sie den sonst gebräuchlichen Standard im Einsatz grafischer Mittel, ohne dass jemals ein überladener Eindruck entsteht. Das beginnt bei den Untergründen ihrer stets die volle Aufschlagseite füllenden Bilder, die aus den unterschiedlichsten Papieren bestehen: Ton- und Millimeterpapier, Rechenkästchen und beschriebene Schmierzettel neben hellfarbigen Normalpapieren. Darauf wird mit Bleistift das Geschehen skizziert, wechselnd zwischen Nahbild und Totale, aus oftmals schräger Perspektive, meist leicht karikierend überhöht und vor allem vollgepackt mit kleinen ironischen Suchdetails, die sich oft erst beim zweiten Blick erschließen. Vor allem das "alltägliche" Familienleben der Mäuseschar gibt immer wieder Schmunzelanlässe her, die aus einer extremen Anthropomorphisierung herrühren. Natürlich wird man realiter eher selten auf kartenspielende oder Bandmusik produzierende Mäuse treffen, doch in der Vorstellungswelt von Vorschulkindern bedeutet das keinen Bruch. Dabei zeigt sich eines der Grundprinzipien der Bansch'schen Illustrationskunst: Niemals wird eine der porträtierten Gestalten, welche Rolle sie auch im Text spielt, abgewertet und negativ dargestellt. Alle Figuren sind eigentlich rundherum sympathisch und geraten ganz ohne böse Absicht in gegensätzliche Positionen. Das gilt hier für Frau Sommer wie für die Mäuse, die ja auch am Ende einen "modus vivendi" finden. Und das ist eine Botschaft, die sich auch Vorschulkindern schon vermitteln und erschließen lässt: Dass alle Lebewesen auf dieser Welt miteinander auskommen können, wenn sie nur wollen, und dass sie wollen sollten, weil ihnen ohne einander etwas fehlt. Da braucht man noch nicht einmal von Umwelt-, Tier- oder Naturschutz, von Ökosystemen oder "Bewahrung der Schöpfung" zu reden, das geht viel einfacher, man sieht es hier.
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